Google spielt Antworten mit Gemini aus – warum das für Webseitenbetreiber schlecht ist

Redaktionsleitung

Google Gemini
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Die Suchmaschinenlandschaft ist in einem fundamentalen Wandel begriffen. Mit der Integration fortschrittlicher KI-Technologien wie Gemini verändert Google die Art, wie Informationen gesucht, gefunden und präsentiert werden. Gemini, Googles hoch entwickeltes multimodales KI-Modell, liefert Antworten direkt in den Suchergebnissen – präzise, schnell und nutzerorientiert. Was aus Sicht der Nutzer eine bequeme Entwicklung ist, stellt für Betreiber von Webseiten eine ernsthafte Bedrohung dar. Der klassische organische Traffic droht wegzubrechen, Einnahmen geraten unter Druck, ganze Geschäftsmodelle werden infrage gestellt. Aktuelle Analysen und Fallbeispiele bestätigen diese Entwicklung und geben einen beunruhigenden Ausblick auf die Zukunft der digitalen Inhaltswirtschaft.

Die Technologie hinter Google Gemini und AI Overviews

Google Gemini ist darauf ausgelegt, Inhalte zu verstehen und in Sekundenschnelle zusammenzufassen. Die Funktion „AI Overviews“ generiert automatisierte Inhaltsübersichten direkt über den regulären Suchergebnissen. Diese Zusammenfassungen greifen auf bereits im Web vorhandene Inhalte zurück – ohne dass die Nutzerinnen und Nutzer auf die Originalseiten klicken müssen. Dabei nutzt die KI Inhalte aus allen Themenbereichen und formuliert daraus Antworten, die oft bereits auf der Ergebnisseite sämtliche offenen Fragen klären. Besonders problematisch: Die Originalquelle bleibt häufig unsichtbar oder wird nur marginal erwähnt.

Massive Verluste im organischen Traffic

Die Konsequenzen für Webseitenbetreiber sind dramatisch. Ein Bericht von Bloomberg, auf den sich auch ein Artikel des Magazins t3n bezieht, zeigt: Kleine und mittlere Publisher verzeichnen bis zu 70 Prozent weniger Traffic seit Einführung der AI Overviews. So berichtet Morgan McBride, Betreiberin eines DIY-Blogs, von einem plötzlichen Einbruch ihrer Besuchszahlen um mehr als zwei Drittel – nur einen Monat, nachdem ihre Inhalte prominent in den KI-Überblicken erschienen waren. Ähnliche Rückmeldungen kommen von Betreiberinnen wie Gisele Navarro vom Blog Housefresh, deren Inhalte zwar zitiert, aber nicht mehr angeklickt werden. Die daraus resultierenden Einbußen bei der Monetarisierung sind erheblich.

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Stillstand trotz Kritik: Googles Strategie bleibt unverändert

Obwohl Google im Oktober 2024 rund 20 Webseitenbetreiber nach Mountain View eingeladen hat, um die Auswirkungen des KI-Einsatzes zu besprechen, hat sich an der Strategie wenig geändert. Zwar wurden Anerkennung und Bedauern bekundet, doch konkrete Maßnahmen zum Schutz der Inhalte oder zur transparenten Nutzung der Quellen blieben aus. Die AI Overviews operieren weiterhin mit Inhalten, ohne dass die ursprünglichen Autoren Einfluss auf die Darstellung oder Auswahl haben. Publisher wissen in der Regel nicht einmal, wann und wie ihre Inhalte verwendet werden.

Wer ist besonders betroffen?

Besonders stark getroffen sind thematische Nischen-Webseiten – etwa aus den Bereichen Reisen, Kochen, DIY oder Gesundheit. Diese Seiten leben von ausführlichen Ratgebertexten und einer klaren SEO-Strategie. Wenn aber genau diese Inhalte durch die KI präzise zusammengefasst und direkt in den Suchergebnissen präsentiert werden, fehlt der Anreiz für den Nutzer, die Originalquelle zu besuchen. Laut dem Medienunternehmen Raptive könnten langfristig bis zu 25 Prozent des gesamten Traffics durch AI Overviews verloren gehen – und das sei eine konservative Schätzung.

Strukturelle Risiken für das Web

Die Entwicklung gefährdet nicht nur einzelne Geschäftsmodelle, sondern stellt die Grundarchitektur des offenen Webs infrage. Bisher beruhte das System auf einer wechselseitigen Beziehung: Webseiten produzieren hochwertige Inhalte und erhalten dafür Sichtbarkeit, Reichweite und Monetarisierungsmöglichkeiten. Dieses Gleichgewicht droht nun zu kippen. Wenn die KI auf fremde Inhalte zurückgreift, aber die Aufmerksamkeit auf der Google-Plattform bleibt, entsteht eine Art Inhaltsmonopol – gespeist von den Arbeiten anderer, jedoch ohne Gegenleistung.

Strategien für Webseitenbetreiber

Webseitenbetreiber stehen nun vor der Herausforderung, sich an eine neue Realität anzupassen. Dazu gehört etwa die gezielte Auszeichnung von Inhalten mit strukturierten Daten, die potenziell in den AI Overviews sichtbarer sein könnten. Auch die Diversifikation der Trafficquellen gewinnt an Bedeutung: Newsletter, Social Media, Direktaufrufe und Communities bieten alternative Wege, um unabhängig von der Google-Suche Reichweite zu erzielen. Gleichzeitig muss über rechtliche und ethische Fragen diskutiert werden – etwa die nach dem fairen Umgang mit geistigem Eigentum im Kontext KI-generierter Inhalte.

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Fazit

Die Einführung der AI Overviews durch Google und der Einsatz von Gemini markieren eine Zäsur in der digitalen Inhaltslandschaft. Während die Nutzerfreundlichkeit steigt, geraten zahlreiche Webseitenbetreiber unter Druck – wirtschaftlich, strukturell und konzeptionell. Der Wandel verläuft leise, aber tiefgreifend. Ohne ein transparentes Regelwerk und eine faire Beteiligung der Inhaltsproduzenten droht das offene Web, wie es bisher bestand, in seiner Vielfalt und Innovationskraft nachhaltig geschwächt zu werden. Es bleibt zu hoffen, dass sich nicht nur Webseitenbetreiber anpassen, sondern auch Suchmaschinenanbieter Verantwortung übernehmen – für ein Gleichgewicht zwischen Nutzerkomfort und Inhaltsgerechtigkeit.